Vier statt sechs

Vierzylinder von Porsche
Mercedes bringt immer mehr Autos mit Frontantrieb, BMW legt nach und setzt kleine Dreizylinder obendrauf. Jetzt bricht Porsche das nächste Tabu: Boxster und Cayman bekommen Vier-Zylinder.

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Ist den deutschen Premiumherstellern gar nichts mehr heilig? Um neue Kunden zu erreichen und die strengen internationalen Abgasvorschriften einhalten zu können, investieren sie Jahr für Jahr Milliarden. Downsizing ist längst mehr als ein Trend und zieht sich durch alle Modellreihen - nicht immer zur Freude der Kunden.

Mercedes-Benz bringt auf der noch jungen Frontantriebsplattform in der aktuellen Baureihe fünf Varianten (A-, B-, CLA-, GLA-Klasse und CLA Shooting Brake), in der nächsten wohl mindestens acht. Während die Stuttgarter mit einem Ausbau der S-Klasse zur kompletten Baureihe am oberen Ende des Mercedes-Portfolios immerhin gegensteuern, setzt BMW zukünftig bei allen Modellen unterhalb des 3ers auf Frontantrieb und verrät damit alte Tugenden: Motor vorne - Antrieb hinten - Fahrspaß garantiert.

Optional ist bei der nächsten Generation der 1er und 2er immerhin wie bei Daimlers Frontantriebsplattform für kleine Baureihen auf Wunsch auch ein Allradantrieb. Den Anfang macht in diesem Herbst der BMW 2er Active Tourer, der für die Münchner nicht nur ein völlig neues Familiensegment eröffnet, sondern gleich noch ein weiteres Tabu bricht: Er bekommt in zahlreichen Varianten nur einen aufgeladenen Dreizylinder - ebenso die neue Minis unterhalb des 192 PS starken Cooper S. Satt brabbelnde Reihensechszylinder sind bei BMW längst zu Nebendarstellern geworden. Selbst große Modelle wie 5er und X5 sind mittlerweile auch mit vier Brennkammern unterwegs.

Jetzt schließt sich sogar die Sportwagenikone Porsche an. Die kurvenhungrigen Zuffenhausener werkeln seit Jahren an einer neuen Motorengeneration, die zunächst die Einstiegsmodellreihen Boxster und Cayman befeuern sollen. Auf der New York Motorshow stellt Porsche in der aktuellen Generation die nachgeschärften GTS-Varianten mit 330 PS (Boxster GTS) bzw. 340 PS (Cayman GTS) noch mit Sechszylinder-Saugboxer und 3,4 Litern Hubraum vor. Mit der Leistungsspritze klopft die schwäbische Doppelspitze an die Tür zur 911er-Baureihe, die aktuell bei 350 PS beginnt.

Die nächste Generation Boxster/Cayman ist jedoch nicht nur für die Sechszylinder-Boxer ohne Turboaufladung, sondern auch einen flach bauenden Vierzylinder vorgesehen. Der arbeitet vom Grundkonzept her im neu entwickelten Le-Mans-Rennwagen Porsche 919 Hybrid, der in diesem Jahr gegen die etablierten Rivalen von Toyota und Audi um den Sieg kämpft.


Audi ersetzte den prächtig bollernden Fünfzylinder im auslaufenden Audi TT RS mit einem Zweiliter-Vierzylinder
Vierzylinder sind für Porsche alles andere als neu. Bereits die wenig erfolgreichen Frontmotorgenerationen von Porsche 924, 944 und 968 waren ausschließlich mit vier Zylinder unterwegs. Nur deren Sportversionen hatten immerhin eine Turboaufladung.

Das neue Stuttgarter Vierzylindertriebwerk ist an sich in V-Bauform angeordnet. Während viele V-Motoren jedoch einen Innenwinkel von 90 Grad zwischen den Zylindern haben, sind es hier 180 Grad. Heißt: Jeweils zwei doppelte Brennkammern liegen sich flach liegend gegenüber und die V-Form wird so zu einer Platte. Damit aus den überschaubaren zwei Litern Hubraum auch genug Leistung herauskommt, gibt es technische Dreingaben wie Direkteinspritzung und Turboaufladung.

Der Verbrenner, der im Le-Mans-Rennwagen Porsche 919 bereits ohne Hybridmodul über 500 PS leistet, dürfte in der Topvariante von Cayman und Boxster 350 bis 400 PS auf die Straße zaubern. Damit läge das Turbotriebwerk sogar über der neuen GTS-Generation. Mindestens genauso wichtig wie die Leistungsentfaltung wäre der Verbrauch. Im Normzyklus könnte das kleine Kraftpaket Dank Downsizing und Aufladung unter sieben Litern verbrennen. Zudem gäbe es einen nennenswerten Gewichtsvorteil, der sich bei den Mittelmotorsportlern fahrdynamisch positiv bemerkbar machen würde.

Audi und Volvo gehen aktuell den gleichen Weg. Audi ersetzte den prächtig bollernden Fünfzylinder im auslaufenden Audi TT RS mit einem Zweiliter-Vierzylinder, der mit gigantischen 420 PS sogar den bisherigen Spitzenreiter Mercedes A 45 AMG mit seinen 360 PS aus zwei Litern Hubraum und vier Zylindern in den Schatten stellt. Volvo wagt ein paar Klassen darüber einen ähnlichen Schritt und ersetzt die Fünf- und Sechszylinder in der neuen Generation des Luxus-SUV XC90 ebenfalls mit vier Zylindern. Ebenso wie bei Porsche kein ungefährliches Spiel, denn viele Premiumkunden wollen auf Image durch Hubraum und Zylinder nicht verzichten.

Wen stört da noch, dass auch der neue Ford Mustang nicht nur mit einem brüllenden Fünfliter-V8, sondern gerade mit Fokus auf Europa auch mit einem 2,3 Liter großen Turbotriebwerk zu bekommen ist? Der leistet 310 PS.

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