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Den Charakter eines Autos machten 100 Jahre lang Design, Technik, Motorleistung und zunehmend Image aus. Sportwagen waren flach, hatten sonoren Motorsound und entsprechende Fahrleistungen. Limousinen glänzten mit Eleganz und souveräner Kraftentfaltung. Wenig emotionale Familiengefährte wie Vans oder Kombis boten immerhin ein Höchstmaß an Praktikabilität. Gemeinsam war allen, dass der Fahrer ins Lenkrad greifen und an der Zapfsäule nachtanken musste.
Aus und vorbei. Schon als Daimler-Chef Dieter Zetsche vor drei Jahren seine erste Keynote auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas hielt, war die Automobilwelt in ihren Grundfesten erschüttert. In den drei Jahren seither hat sich noch viel mehr getan.
Die Elektro-Euphorie scheint schneller als erwartet nur noch ein Nebenschauplatz zu sein und Verbrennungsmotoren auf absehbare Zeit in der Kombination mit Plug-In-Hybriden die Zukunft zu gehören. Und nun stellt sich die Frage: Wie lange greifen wir noch selbst ins Lenkrad?
Audi etwa ließ im Vorfeld der CES einen A7 von der Universität Stanfort nahe San Francisco die 900 Kilometer lange Strecke nach Las Vegas fahren - vollautomatisiert. "Mit der Testfahrt von der Westküste Kaliforniens nach Las Vegas demonstrieren wir unsere Führungsrolle im Bereich pilotiertes Fahren", sagt Audi-Entwicklungs-Chef Ulrich Hackenberg.
Eine Führungsrolle, die aber auch Mercedes-Benz beansprucht. Dieses Jahr hielt Dieter Zetsche seine nächste Keynote-Ansprache - und setzte sein Forschungsfahrzeug F 015 Luxury in Motion perfekt in Szene. "Wer nur an die Technik denkt", So Zetsche, "der hat noch nicht erkannt, wie das autonome Fahren unsere Gesellschaft verändern wird. Das Auto wächst über seine Rolle als Transportmittel hinaus und wird endgültig zum mobilen Lebensraum."
"Noch nie hatte ein Autohersteller auf der CES ein eigens entwickeltes Auto im Gepäck", freut sich CES-Chef Gary Shapiro. Mercedes ist mit seinem Zukunftsauto der erste.
Die Idee vom anonymen Personenbeförderer geistert seit Jahren durch die Welt des autonomen Fahrens.
Dabei geht es nur nebensächlich um Design und allenfalls am Rande um Motorleistung, Fahrverhalten und Effizienz. Den visionären Mercedes F 015 wird es so niemals im Straßenverkehr geben. Und doch zeigt das Brennstoffzellenfahrzeug mit zwei insgesamt 200 kW/272 PS starken Elektromotoren mit maximal 200 km/h, wohin die Reise geht. Die Dauerleistung des Systems liegt trotz üppiger Dimensionen und einer Luxusausstattung gerade einmal bei 163 PS. 200 Kilometer kann der Forschungsträger allein mit seiner Batterie zurücklegen, weitere 900 Kilometer ermöglicht die Brennstoffzelle, die auf 100 Kilometern 0,6 Kilogramm Wasserstoff verbraucht.
Die Idee vom anonymen Personenbeförderer geistert seit Jahren durch die Welt des autonomen Fahrens. "Nicht, das Mercedes hinterher nur noch U-Bahn-Züge baut", scherzt denn auch Gary Shapiro.
Dieter Zetsche wird daher nicht müde zu betonen, dass der F 015 Emotionen wecken und Fahrspaß bereiten solle: "Die besten Zeiten des Autos stehen noch bevor. Unsere Entwicklungen bringen den Menschen mehr kostbare Zeit."
Doch ganz so rosig sieht es für das Auto nicht aus. Klar kann der Fahrer ins Lenkrad greifen, wenn er will. Real wird er die nervigen Strecken zur Arbeit, zum Flughafen oder Einkaufen jedoch vollautomatisiert zurücklegen. Während Lenkrad und Pedalerie verschwinden, dreht er sich nach hinten, arbeitet an seinem Pad, telefoniert mit Kollegen oder Freunden und informiert sich auf großen Displays im Innern des Luxusmodells.
Das breite Engagement der anderen Hersteller auf der Consumer Show in Vegas sieht nicht anders aus als bei Mercedes
Hört sich an wie ein real gewordener Traum aus Autopia - ist aber schlicht die reale Zukunft von übermorgen. Wenn der Kunde echten Fahrspaß empfinden möchte, dann wird er wohl andere Autos im Fuhrpark nehmen. Einen echten Sportwagen etwa - wohl nicht selten einen Young- oder Oldtimer, der das krasseste Gegenbeispiel zum automatisierten Fahren markiert.
Das breite Engagement der anderen Hersteller auf der Consumer Show in Vegas sieht nicht anders aus als bei Mercedes. Volkswagen, dass ein Fahrzeug auf Knopfdruck in die Parklücke oder in einem zweiten Schritt selbsttätig ins Parkhaus hinein und wieder heraus fährt. Es geht um Bedienkonzepte, brilliante Displays, die bald das ganze Fahrzeug erobern werden und belegen, dass Autos und Computer längst nicht mehr zusammenwachsen müssen -beide haben längst fusioniert.
Ein Auto wie der 5,22 Meter lange Mercedes F 015 wird zu einem Lebensraum auf Rädern, einem mobile Device, das viel mehr kann als Autofahren. Nicht nur die IT-Nerds in der Wüste von Nevada nennen das "third place" - ein dritter Lebensraum neben dem Zuhause und dem Büro.
Wer dann doch noch ins Lenkrad greifen möchte, der kann mit den Händen nicht nur Lenkrad, Schalter und Getriebewahlhebel bedienen. Volkswagen oder Mercedes zeigen auf der CES, dass an der Gestensteuerung mittelfristig kaum ein Weg vorbeiführen wird. Mit Handbewegungen lassen sich - wie einst im Filmstreifen Mission Impossible IV - zahlreiche Anzeigen und Funktionen zu steuern. So führt ein Wischen in Richtung Frontscheibe zum Schließen des Schiebedachs, ein Wischen weg von der Frontscheibe zum Öffnen. Noch einfacher lassen sich die elektrischen Sitze des 300-PS-Sportlers verstellen.
Dagegen wirken Tablets und Pads, die die Insassen mit dem Fahrzeug und dem Internet verweben, fast schon von gestern. Doch neue Modelle wie der Audi Q7 oder die nächste Generation des Siebener BMW bringen all das bereits in die Serie.
Mehr dazu bei: Die Zukunft des Autos | Technik | alle-autos-in.de
Wüstes Vorspiel
Die Rallye Dakar bildet wie immer den Startschuss in ein neues Motorsport-Jahr. Tausende von Zuschauern sorgen in Buenos Aires für Gänsehautmomente und die Teams fiebern nicht weniger.